
@ Stefan Kneip
2025-05-27 14:34:55
Die Sonne versank langsam hinter den Hügeln, tauchte das Tal in ein goldenes Licht und ließ die Veranda in warmen Farben erstrahlen. Eli und Torin saßen immer noch dort, der Duft von blühenden Pflanzen lag in der Luft. Eli schaukelte mit den Beinen, die Frage kam plötzlich,
„Papa, was ist Krieg?“ fragte er, seine Augen neugierig auf Torin gerichtet.
Torin legte den Becher aus recyceltem Glas beiseite, schaute Eli an und lächelte leicht, bevor sein Blick nachdenklich wurde. „Krieg, mein Sohn, ist etwas, das es bei uns nicht gibt. Aber ich erklär’s dir. Stell dir vor, früher haben Menschen oft gestritten – mit Waffen, großen Maschinen und viel Lärm. Sie wollten Land, Gold, Dinge, die man anfassen kann. Das nannte man Krieg.“
Eli runzelte die Stirn. „Aber warum gibt’s das bei uns nicht?“
Torin lehnte sich zurück. „Weißt du, Eli, bei uns ist das Wertvollste nicht mehr Land oder Gold. Unser Reichtum ist... unsichtbar. Er lebt in etwas, das wir ‚digitales Vermögen‘ nennen. Das sind Zahlen und Codes, die nur uns gehören, weil wir ein geheimes Passwort haben – eine Art Zauberspruch, den nur wir kennen.“
Eli’s Augen leuchteten auf. „Ein Zauberspruch? Wie ein Rätsel?“
Torin lachte leise. „Genau! Und solange niemand den Spruch errät, gehört unser Reichtum uns. Früher haben Menschen Krieg unterstützt, weil sie glaubten es gäbe etwas zu gewinnen. Aber heute? Das meiste, was zählt, ist in einer Art unsichtbarem Netz, eine »Blockchain«. Da kommt niemand mit Waffen ran.“
Eli nickte langsam. „Also kein Krieg mehr, weil es nichts zu stehlen gibt?“
„So ähnlich“, sagte Torin und kratzte sich am Kinn. „Gold und Land sind nicht so wichtig wie früher, weil der größte Schatz in unseren Köpfen ist. Staaten wurden kleiner, als Menschen ihr eigenes Vermögen schützen konnten, Krieg war nicht mehr finanzierbar. Aber es heißt nicht, dass alles immer friedlich ist. Manche versuchen, den Zauberspruch zu stehlen, mit Tricks oder schlauen Maschinen. Das ist kein Krieg mit Panzern, sondern ein leiser Kampf im Verborgenen."
Eli legte den Kopf schief. „Aber Papa, macht das die Welt besser?“
Torin schwieg einen Moment, sein Blick wanderte über das Tal, wo die letzten Sonnenstrahlen die Baumkronen küssten. „Vielleicht“, sagte er schließlich. „Es gibt keine großen Schlachten mehr, weil niemand Land braucht, um reich zu sein. Aber wir müssen schlau sein, uns schützen – nicht mit Schwertern, sondern mit Wissen. Was meinst du?“
Eli dachte kurz nach, dann grinste er breit. „Ich mag unseren Zauberspruch. Krieg klingt doof.“
Torin lächelte „Das ist er auch, mein Junge. Gut, dass wir ihn nicht brauchen.“
Die Sonne war nun fast verschwunden, nur ein schmaler Streifen Orange blieb am Horizont.